Dok. 11-246

Otto und Thomas Franke beschweren sich am 16. August 1943 beim Judenältesten über ihre Registrierung für einen Transport aus Theresienstadt

Am 13. erhielten wir die Vorladung zur Registrierung für

Am 13. erhielten wir die Vorladung zur Registrierung für

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  •  
Personen

Dr. Otto Franke (1887–1944?), Jurist, und sein Sohn Thomas Franke (1921–1944?) wurden am 2.12.1941 aus Brünn nach Theresienstadt deportiert; sie arbeiteten dort in der Schlichtungsstelle der Sudetenkaserne bzw. der Sohn als Schlosser. Beide wurden am 6.9.1943 in das Theresienstädter Familienlager nach Auschwitz deportiert und dort vermutlich 1944 ermordet.

 

Dr. Jakob Edelstein (1903–1944), Jurist, zionistischer Verbandsfunktionär; von 1929 an im Hauptbüro des Hechaluz tätig, seit 1933 Leiter des Palästina-Amts in Prag, dort für Fragen der Auswanderung zuständig; am 4.12.1941 nach Theresienstadt deportiert, dort von 1941 bis Jan. 1943 Judenältester; er wurde im Dez. 1943 nach Auschwitz deportiert und dort am 20.6.1944 zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn erschossen.

 

Dr. Paul Eppstein (1902–1944), Soziologe; 1926–1933 Privatdozent an der Handelshochschule Mannheim, 1933 Entlassung, lehrte in den 1930er-Jahren an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin; von 1935 an Sozialreferent in der Reichsvertretung der Juden und deren Verbindungsmann zur Gestapo; wurde am 26.1.1943 nach Theresienstadt deportiert, wo er bis Sept. 1944 Judenältester war und dann ermordet wurde.

Skript

Betrifft: Beschwerde wegen Registration

Am 13. erhielten wir die Vorladung zur Registrierung für 1 h mittags desselben Tages, der wir sofort Folge leisteten. Wir sind mit dem G-Transport am 2. Dezember 1941 in Theresienstadt eingetroffen. Ich arbeite seit Beginn in der Hundertschaft und bei dem Ghettogerichte als Verteidiger, mein Sohn, ebenfalls seit Beginn, als Schlosser.

Von maßgeblichen Stellen, insbesondere auch vom Judenältesten Jakob Edelstein, wurde wiederholt öffentlich versichert, daß die Reste der alten Transporte, also die Leute, die vom Anfange am Aufbau des Ghettos mitgearbeitet und im Laufe der langen Zeit ihre körperliche Widerstandskraft eingebüßt haben, im Falle von Transporten irgendwelcher Art solange wie irgend möglich geschützt würden.

Dies war bei dieser Registrierung nicht der Fall. Wie ein Einblick in die Evidenzen zeigt, sind Tausende von später und zuletzt angekommenen Insassen, die sich angeblich in der kurzen Zeit ihres hiesigen Aufenthaltes unentbehrlich gemacht haben, nicht registriert worden, während auf die ältesten Transporte zurückgegriffen wurde.

Es geht aber doch, Herr Judenältester, nicht an, daß die Neuankömmlinge, die bis vor kurzem in ihren Betten zu Hause geschlafen haben, die noch Lebensmittelvorräte besitzen und körperlich noch in verhältnismäßig sehr gutem Zustande sind, uns eingesessenen und bereits stark hergenommenen Insassen, die schon so lange und oft unter den schwierigsten Umständen für das Ghetto gearbeitet haben, aus Theresienstadt verdrängen! Diese Tausende Nichtregistrierter aus mittleren und neuesten Transporten sind gewiß nicht unersetzlich, und ihre Auslassung ist nur auf die hier allgemein herrschende Günstlingswirtschaft zurückzuführen.

Viele der Besten, die stets für die Gemeinschaftsidee eingetreten sind, wenden sich nun mit Scham und Abscheu von dem Getriebe der hemmungslosen Selbstsucht und der Bevorzugung von Vettern, Freunden und Günstlingen der vielen unkontrollierten Ghettogrößen ab.

Als verantwortlicher Leiter der Selbstverwaltung sind Sie, Herr Doktor Epstein, dazu berufen, hier Abhilfe und der Gerechtigkeit und den gegebenen Versprechungen Geltung zu verschaffen. Sagen Sie nicht, man möge konkrete Fälle nennen, lassen Sie sich die Verzeichnisse der Tausende geben, die übersprungen wurden, der Hunderte, die der Vorladung keine Folge geleistet haben!

Wir ersuchen Sie, uns als Angehörige alter Transporte in der Registratur gegen Neuankömmlinge austauschen zu lassen. Sollte dies nicht möglich sein, bitten wir Sie, diese Eingabe als Vorreklamation gegen eine allfällige, auf Grund der Registrierung erfolgende Einreihung in einen abgehenden Transport zu behandeln bzw. eine solche Einreihung zu verhindern.