Dok. 11-013

Das Rassenpolitische Amt im Gau Köln-Aachen fordert am 19. April 1943, gegen Herta Rückersberg und ihren nichtjüdischen Geliebten vorzugehen

Die oben genannte Halbjüdin (Mischling I. Grades) ist

Die oben genannte Halbjüdin (Mischling I. Grades) ist

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  •  
Personen

Herta Rückersberg (1907–1995), Kontoristin; 1939–1943 Verkäuferin im Uhrengeschäft Bleienheuft in Köln; 1943 tauchte sie unter; 1949 Sekretärin bei den Buderusschen Eisenwerken in Wetzlar, 1954 wurde ihr Wiedergutmachungsantrag durch das Landgericht Köln zurückgewiesen.

 

Gisela Margarethe Rückersberg (1942–1992).

 

Dr. Wilhelm Rückersberg (1909–1990).

 

Wilhelm Bleienheuft (1876–1953), Kaufmann; Inhaber des 1825 in Köln gegründeten Familiengeschäfts C. J. Bleienheuft Uhren- und Luxuswaren.

 

Emil Rückersberg (1882–1972), Prozessagent; 1933 Entzug der Zulassung, dann verschiedene Hilfstätigkeiten, 1944 Verhaftung in Köln und Deportation in das Zwangsarbeitslager Sitzendorf (Unterweißbach/Thür.); 1945 dort befreit und im Juni von der US-Militärbehörde zum Bürgermeister von Haiger bestellt, 1946–1948 Bürgermeister von Herborn.

 

Maria Rückersberg, geb. Stumpf (1887–1949).

Skript

Betrifft: Halbjüdin Herta Rückersberg, geb. 20.11.1907 in Plettenberg als Mätresse des Wilhelm Bleienheuft, Köln, Wallrafplatz 2.

Die oben genannte Halbjüdin (Mischling I. Grades) ist die Tochter des Volljuden Emil Israel Rückersberg und der Deutschblütigen Maria Stumpf, beide wohnhaft Köln, Weißenburgstraße 32. Dieselbe wohnte bis vor ca. 2 Jahren bei ihren Eltern, Weißenburgstraße 32, und ist auch heute noch (gem. Angabe des zuständigen Polizei-Reviers) dort gemeldet. Am 1.10.1942 gebar diese Herta Rückersberg ein Kind: Gisela Margarethe. Ich habe mich des öfteren schon mit der Judenfamilie Rückersberg beschäftigen müssen; vor Jahren hatte der Bruder dieser Herta Rückersberg ein Verhältnis mit einem deutschblütigen Mädel, welches durch mich zur Auflösung kam. Heute soll dieser Dr. Wilhelm Rückersberg, welcher, wie sich nunmehr herausgestellt hat, bei der Firma Hirth, Motorenfabrik G.m.b.H. in Stuttgart-Zuffenhausen in Stellung ist, inzwischen geheiratet haben. Dieser Fall Dr. Wilhelm Rückersberg wird von mir zur Zeit getrennt von dem Fall Herta Rückersberg bearbeitet. Durch die Geburt des Kindes der Herta Rückersberg wurde ich erneut auf diese aufmerksam und veranlaßte dieselbe, bei einer Rücksprache auf Vorladung im Amt, mir den Vater resp. Erzeuger ihres Kindes zu nennen. Als dieselbe sich weigerte, mir den Namen des Erzeugers zu nennen, machte ich derselben klar, daß mir Mittel und Wege zur Verfügung ständen, den Namen zu erfahren. Daraufhin nannte sie mir als Vater einen Friedrich Wilhelm Bleienheuft, geb. 4.9.1876 Rodenkirchen, Hauptstraße 15. Bei meinen Ermittlungen in dieser Richtung hin mußte ich nun feststellen, daß es sich hier um den Inhaber des stadtbekannten Geschäftes Uhren-Gold & Luxuswaren C. J. Bleienheuft, Köln, Wallrafplatz 2 handelt. Derselbe bewohnt in Rodenkirchen, Hauptstraße 15 die Villa „Tuskulum“.

Dieser Bleienheuft ist heute 67 Jahre alt und zum vierten Male verheiratet und ist dessen vierte Frau auch wieder schwer leidend. Soviel ich feststellen konnte, beabsichtigte dieser Bleienheuft, sich von seiner jetzigen Frau scheiden zu lassen, um seine Geliebte, die Herta Rückersberg, zu ehelichen. Nachdem er eingesehen hat, daß dies nicht geht, da die Rückersberg jüdischer Mischling I. Grades ist, so hat der Herr einen anderen Weg gefunden. Er ließ vor jetzt ca. 2 Jahren in seinem Hause Wallrafplatz 2 eine Wohnung im vierten Stock in Stand setzen, unter der Angabe, er wolle diese den Inhabern eines im Hause befindlichen Mode-Salons vermieten, wie er den Leuten auch versprochen hatte. Nach Fertigstellung zog er sein Versprechen zurück, möblierte die Wohnung (4 Räume) aufs Beste und ließ alsdann seine Geliebte, die Rückersberg, dort einziehen, ohne dieselbe jedoch polizeilich zu melden. Die Rückersberg ist nach wie vor polizeilich bei ihren Eltern, Weißenburgstraße 32 gemeldet. Bei der Bezirksstelle 35 (Juden), wohin dieselbe als alleinstehender jüdischer Mischling I. Grades mit ihrem Kind überhaupt nicht hingehört, hat dieselbe sich auf Siebengebirgsallee 179 angemeldet, woselbst sie jedoch polizeilich nicht gemeldet ist. Dies hat sie getan, um getarnt an ihre Lebensmittelkarten zu kommen, welche von ihrer Mutter, als dem deutschblütigen Teil der privilegierten Ehe mit dem Juden Rückersberg, auf der Bezirksstelle 35 (Juden) abgeholt werden. In Wirklichkeit wohnt also diese Halbjüdin Rückersberg unangemeldet auf der 4-Zimmer-Wohnung Wallrafplatz 2, IV. Stock.

Es ist daher sofort:

1) durch die Wohnungsfürsorge, Köln, Hahnenstraße die Wohnung Wallrafplatz 2, IV. Stock zu beschlagnahmen, da dieselbe von der Rückersberg, als polizeilich Weißenburgstraße 32 gemeldet, unberechtigt und unangemeldet bewohnt wird,

2) Bleienheuft durch das Wohnungsfürsorgeamt wegen unberechtigter Zuweisung einer 4-Zimmer-Wohnung an seine Mätresse unter Anklage zu stellen,

3) durch die Staatsanwaltschaft feststellen zu lassen, woran und unter welchen Umständen die bereits verstorbenen 3 Frauen des Bleienheuft gestorben sind und woran die vierte Frau zur Zeit leidet.

Ich werde die Geheime Staatspolizei veranlassen, daß die Halbjüdin Rückersberg festgenommen wird und deren Kind dem Waisenhaus überwiesen wird.

Heil Hitler!