Dok. 08-238

Bejnisz Berkowicz verliert am 21. Januar 1943 angesichts der Vernichtung der Juden den Glauben an Gott

Wenn wir alle grausamen Taten, die die Menschen aller Klassen und

Wenn man vom Ältestenrat der Jüdischen Gemeinde in

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  • Grenze Staatsgrenzen und Grenzen der Unionsrepubliken der UdSSR 1938–1941
  • Grenze Deutsch-sowjetische Demarkationslinie im besetzten Polen vom 28. Sept.1939
  • Grenze Grenze zwischen den eingegliederten Gebieten und dem Generalgouvernement
Skript

Tagebucheintrag vom 21.1.1943

 

Wenn wir alle grausamen Taten, die die Menschen aller Klassen und Rassen im Verlauf der gesamten menschlichen Geschichte angerichtet haben, zusammen in eine Waagschale legten, und in die andere die schönen Taten der Angehörigen jener Nation, aus der die größten Dichter und Denker hervorgingen, welche diese im Verlauf nur eines einzigen Jahres, des Jahres 1942, angerichtet haben – so würden diese Taten schwerer wiegen.

In meinen Aufzeichnungen habe ich nur ein Tausendstel aller entsetzlichen Ereignisse geschildert. Der Historiker wird für sich viel Material entdecken, welches ihm die Überlebenden aus den Nationen der Welt übermitteln werden, aber wer wird ihm, dem Historiker, folgende Tatsache überliefern: Ein Säugling, den man auf dem Dachboden im dritten Stock versteckt hatte, wurde von den Suchenden entdeckt und von dort auf den Boden heruntergeworfen, und die ganze Gemeinde derer, die noch am Leben geblieben sind, steht beschämt da. Die Eltern, die ihn versteckt hatten, sehen das alles! … Sie weinen nicht, die Herzen sind zu Stein geworden.

Und Ihr, amerikanische und englische Juden, Ihr träumt sicherlich noch von all dem, was die nach immer Höherem strebende Menschheit geschaffen hat, schafft und noch schaffen wird. Wenn Ihr mit eigenen Augen nur ein Bild gesehen hättet, nur eine Szene unseres Lebens hier im Getto, für fünf Augenblicke, nicht mehr, – das hätte genügt, um Eure Herzen zu erschüttern und vor der ganzen Menschheit und ihrer Zivilisation auszuspucken. In den letzten Augenblicken meines Lebens ist es mir unmöglich, Einzelheiten zu überliefern. Ich denke, dass Ihr alles als Stummfilm auf der Leinwand sehen werdet.

Wir werden mitsamt unseren Wurzeln herausgerissen. Alles ist ausgelöscht, und es gibt kein Andenken an uns. Es ist für uns bedeutungslos, was nach dem Blutvergießen geschehen wird, aber für wen wird man ein neues Land schaffen, ein neues Leben? Lagen doch alle Hoffnungen und der ganze Stolz des jüdischen Volkes auf dem Ostjudentum, und das gibt es nicht mehr. Ich bitte Euch, amerikanische Brüder: Stellt kein Buch der Klagen über unsere Zerstörung zusammen, bloß ein Buch der Verfluchungen, richtiger, mit einem großen und kräftigen Fluch über die ganze Menschheit und ihre Kultur.