Dok. 06-180

Die Gestapo Düsseldorf verweigert Anne Baum am 23. Oktober 1942 Auskünfte über ihre deportierte Tochter und widerspricht Gerüchten über den Judenmord im Osten

Frau Baum wurde beschieden, daß über den derzeitigen Aufenthalt der Tochter Irmgard Sara Baum

Frau Baum wurde beschieden, daß über den derzeitigen Aufenthalt der Tochter Irmgard Sara Baum

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
Personen

Anne Baum, geb. Schasberger (1891-1971), war von Juli 1917 an mit dem jüdischen Fabrikanten Maximilian Baum (*1877-1940) in „Mischehe“ verheiratet, der bis 1938 Miteigentümer der Lebensmittelgroßhandlung Vieten & Baum war und mit seinem Bruder eine Margarinefabrik führte; der Sohn Günter Emanuel Baum, später Denis Robert Cunynghame (1921-2012) gelangte mit einem Kindertransport zunächst nach England und emigrierte 1948 in die USA; Anne Baum lebte nach dem Krieg wieder in Wuppertal-Elberfeld.

 

Irmgard Baum (*1919), Kontoristin; arbeitete bis 1938 in der Firma ihres Vaters; nach NS-Kriterien was sie „Geltungsjüdin“ und sollte bereits 1941 deportiert werden, sie wurde zunächst zurückgestellt und schließlich am 21.4.1942 aus Düsseldorf in das Getto von Izbica deportiert, sie hat nicht überlebt.

Skript

Protokoll der Vernehmung von Anne Baum, Wuppertal, durch die Gestapo Düsseldorf

 

Vorgeladen erscheint die deutschblütige Anne Baum, wohnhaft in Wuppertal-Elberfeld, Roonstraße 18:

Frau Baum wurde beschieden, daß über den derzeitigen Aufenthalt der Tochter Irmgard Sara Baum von hier keine Mitteilung gegeben werden kann. Ferner wurde sie unterrichtet, daß weitere Eingaben an Behörden und Parteidienststellen zwecklos sind, da an eine Rückführung der Irmgard Baum nicht zu denken ist und nicht infrage kommt. Sie wurde darauf aufmerksam gemacht, daß weitere Eingaben nicht beantwortet werden. Frau Baum erklärt zu ihrer Angabe in der Eingabe vom 9.10.1942 an das Reichssicherheitshauptamt, daß die tollsten Gerüchte über die Evakuierung verbreitet würden, folgendes: „Als ich beim Einkauf auf der Straße der SA in Elberfeld aus der Bäckerei Ehrmann herauskam, unterhielten sich eine evangelische Krankenschwester und eine Zivilistin darüber, daß die Juden im Osten ihr Grab hätten schaufeln müssen, sie seien dann mittels Genickschuß getötet worden, daß sie vornüber in das selbst geschaufelte Grab gefallen sind. Später habe man die Juden in Kraftwagen geladen, die dann unter Gas gesetzt wurden, daß die Juden dadurch getötet wurden. Den Namen dieser beiden Frauen kenne ich nicht […]. Ich werde bei Feststellen der Namen der Vorgenannten sofort Meldung machen, da ich davon überzeugt bin, daß das Gerücht nicht den Tatsachen entspricht. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, daß das Gerücht eine böswillige Verleumdung ist und gegen die Verbreiter dieses Gerüchtes mit den schärfsten staatspolizeilichen Maßnahmen vorgegangen wird.“