Dok. 15-188

Der Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Amts regt am 27. Mai 1944 an, als Vorwand für die Deportation der Budapester Juden Sprengstofffunde zu fingieren


Aus einer recht guten Übersicht über die laufenden und geplanten

Aus einer recht guten Übersicht über die laufenden und geplanten

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
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Personen

Paul Karl Schmidt, auch Paul. Carell (1911–1997), Diplomat, Journalist; 1931 NSDAP- und SA-, 1938 SS-Eintritt, 1940 Obersturmbannführer; von 1938 an LR (Legationsrat) II. Klasse in der Presse- und Nachrichtenabt. im AA (Auswärtigen Amt), von 1940 an deren Leiter, 1940 Pressesprecher des RAM (Reichsaußenminister), Gesandter I. Klasse, 1941 Ministerialdirektor; 1945 verhaftet und interniert, Zeuge im Wilhelmstraßen-Prozess, freier Mitarbeiter der Zeitungen Die Zeit, Die Welt und Der Spiegel.

 

Gustav Adolf Steengracht von Moyland (1902–1969), Jurist; 1933 NSDAP- und SA-Eintritt; Okt. 1938 Legationssekretär im AA, 1940–1943 im Persönlichen Stab des RAM (Reichsaußenminister) Joachim von Ribbentrop, von April 1943 an StS (Staatssekretär) im AA (Auswärtigen Amt); nach Kriegsende interniert, 1949 im Wilhelmstraßen- Prozess zu sieben Jahren Haft verurteilt, 1950 entlassen, danach Rechtsanwalt in Kleve.

 

Emil von Rintelen (1897–1981), Diplomat; von 1921 an im diplomatischen Dienst u.a. in Paris und Warschau, 1936 vortragender LR im AA, 1940 NSDAP-Eintritt, Gesandter und Ministerialdirigent in der Politischen Abt., 1941–1943 Mitglied des persönlichen Stabs des RAM (Reichsaußenminister); nach Kriegsende interniert, von 1948 an bei der Firma Klöckner & Co. Duisburg tätig.

Skript

Notiz (geheime Reichssache) gez. Dr. Schmidt, Berlin

 

Notiz für Herrn Staatssekretär:
(Durchschlag für Herrn Botschafter v. Rintelen)

Aus einer recht guten Übersicht über die laufenden und geplanten Judenaktionen in Ungarn entnehme ich, daß im Juni eine Großaktion auf die Budapester Juden geplant ist.


Die geplante Aktion wird in ihrem Ausmaß im Auslande große Beachtung finden und sicher Anlaß zu einer heftigen Reaktion bilden. Die Gegner werden schreien und von Menschenjagd usw. sprechen und unter Verwendung von Greuelberichten die eigene Stimmung und auch die Stimmung bei den Neutralen aufzuputschen versuchen. Ich möchte deshalb anregen, ob man diesen Dingen nicht vorbeugen sollte dadurch, daß man äußere Anlässe und Begründungen für die Aktion schafft, z.B. Sprengstofffunde in jüdischen Vereinshäusern und Synagogen, Sabotageorganisationen, Umsturzpläne, Überfälle auf Polizisten, Devisenschiebungen großen Stils mit dem Ziele der Untergrabung des ungarischen Währungsgefüges. Der Schlußstein unter eine solche Aktion müßte ein besonders krasser Fall sein, an den man dann die Großrazzia aufhängt.