Dok. 15-132

Jenő Zagróczky bittet am 10. April 1944 darum, sich von seiner jüdischen Ehefrau scheiden lassen zu dürfen, um seine Arbeit als Beamter zu behalten


Eure Durchlaucht, Herr Staatssekretär!
In der heutigen Ausgabe

Eure Durchlaucht, Herr Staatssekretär!
In der heutigen Ausgabe

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  •  
Personen

Dr. Jenő Zagróczky (1886–1953), Rechtsanwalt; Oberrat und Abteilungsleiter bei den Ungarischen Staatsbahnen (MÁV).

 

Vitéz László Endre (1895–1946), Jurist; 1923–1937 Oberstuhlrichter von Gödöllő, 1938–1943 Vizegespan des Komitats Pest-Pilis-Solt-Kiskun; 1944 StS (Staatssekretär) für Verwaltung im Innenministerium, hauptverantwortlich für die Deportationen nach Auschwitz, in der Pfeilkreuzlerregierung Regierungskommissar für die Zivilverwaltung der Operationsgebiete; 1946 vom ungar. Volksgericht verurteilt und hingerichtet.

Skript

Handschriftl. Brief an Staatssekretär László Endre

 

Eure Durchlaucht, Herr Staatssekretär!
In der heutigen Ausgabe der Magyarság erschien die Erklärung Eurer Durchlaucht über die Entfernung der Beamten mit einer jüdischen Ehefrau.
Bitte verzeihen Sie, dass meine Wenigkeit, gewissermaßen als interessierte Partei, um eine verständnisvolle Maßnahme in dieser Frage bittet. Wir wissen wohl, dass Eure Durchlaucht, wenn auch unerbittlich, so immer auch gerecht sind. Mein Fall stellt sich kurz gefasst wie folgt dar:

Ich habe eine Frau jüdischer Abstammung geheiratet, aber wir leben seit dem 20. Dezember 1938 getrennt und haben, Gott sei’s gedankt, keine Kinder. Während der vergangenen fünf Jahre habe ich ständig die Scheidung forciert, ohne Ergebnis. Ich habe mich immer nach einer Herrschaft gesehnt, die dies ermöglichen würde. Ich habe körperlich und seelisch ungeheuer viel gelitten. Gerade deshalb bin ich erwartungsgemäß ein überaus überzeugter Antisemit geworden, der mit Hosianna jede antijüdische Maßnahme begrüßt. Sobald es eine entsprechende Regelung gibt, werde ich umgehend den Scheidungsantrag einreichen.

Meine Bitte wäre also, uns kinderlose, urchristliche Beamte, die seit Jahren von ihren jüdischen Ehefrauen getrennt leben und fortwährend die Scheidung betreiben, gefälligerweise als Ausnahme zu betrachten. Auf der Grundlage des neuen Gesetzes sollten sie innerhalb einer begrenzten Frist ihren Scheidungsantrag einreichen dürfen.

Wir haben sicher Fehler gemacht, sind aber längst erwacht und haben in der Tat jede Verbindung zum Judentum abgebrochen, auch wenn wir in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage die formelle Trennung nicht vollziehen konnten.
Hochachtungsvoll