Dok. 16-002

Polish Fortnightly Review: Bericht vom 15. November 1941 über das Konzentrationslager Auschwitz

Polnische Bürger werden in Konzentrationslagern in Auschwitz

Polnische Bürger werden in Konzentrationslagern in Auschwitz

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  •  
Skript

Polnische Bürger werden in Konzentrationslagern in Auschwitz, Oranienburg-Sachsenhausen, Mauthausen, Dachau, Berensbrücke (für Frauen) und etlichen kleineren Lagern inhaftiert. Die meisten Häftlinge stammen aus Intellektuellenkreisen. Auch Unabkömmlichkeitsbescheinigungen von Behörden oder anderen öffentlichen Unternehmen bieten nicht den geringsten Schutz vor einer Inhaftierung. Die Gefangenen werden selbst bei unwirtlichster Witterung oft ohne Mantel und Kopfbedeckung weggeschafft. Zumeist werden sie in versiegelten Güterwaggons transportiert, zu siebzigst in einem Wagen. Häufig werden die Waggons, nachdem sie versiegelt wurden, auf einem Nebengleis abgestellt, bis genügend Personen für einen Zug beisammen sind. Es wird von Fällen berichtet, in denen die Häftlinge vier oder sogar sechs Tage in versiegelten Waggons auf einem Nebengleis verbracht haben, ohne – selbst bei härtestem Frost – mit Essen, Wasser, warmer Kleidung oder Stroh als Schlafunterlage versorgt worden zu sein. Wenn die Gefangenen mit den Füßen stampften oder sich anderweitig bewegten, um sich aufzuwärmen, schlugen die Wachleute mit ihren Gewehrkolben gegen die Waggons und befahlen ihnen stillzuhalten. Nach ein paar Tagen musste man den Gefangenen nicht mehr befehlen, still zu sein.

Das Konzentrationslager Auschwitz, welches das größte in Polen ist, verdient eine genauere Beschreibung. Die Fahrt zum Lager kann je nach Entfernung und Transportbedingungen drei bis fünf Tage dauern. Während der Fahrt werden Brot- und Nudelrationen, die im Winter zu Klumpen gefroren sind, durch die Lüftungsöffnungen in die Waggons gereicht. Bisweilen werden aus den Waggons, die auf Nebengleisen abgestellt waren, bis zu zehn leblose Körper herausgeholt, im Winter haben ca. 40 Prozent der Gefangenen erfrorene Hände oder Füße. Unter den noch Lebenden war es durchaus üblich, die Kleidung der Toten anzuziehen, um selbst etwas mehr Schutz vor der Kälte zu haben. Am Bahnhof von Auschwitz werden die Waggons auf ein Nebengleis rangiert, das mit einer speziell erbauten Rampe versehen ist. Sie ist auf einer Seite abschüssig und im Winter sehr glitschig, weil sie mit Eis und Schnee bedeckt ist. Die Waggons bleiben bis zum Einbruch der Nacht versiegelt. Dann werden die Türen geöffnet und gleißende Scheinwerfer eingeschaltet. Geblendet, benommen vor Kälte und Hunger und schwindelig aufgrund der plötzlichen Sauerstoffzufuhr, sind die Gefangenen im ersten Moment nicht in der Lage, die Waggons zu verlassen. Die Polizei treibt sie dann mit Gewehrkolben und Fußtritten heraus. Die älteren Menschen stürzen oft und rutschen die Rampe hinab. Gefangene, die sich nicht mehr vom Waggonboden erheben können, werden an Händen oder Füßen herausgezerrt und die Rampe hinuntergestoßen. Leichen verbleiben zunächst in den Waggons und werden später im Krematorium verbrannt. Die übrigen Gefangenen verlädt man auf Lastwagen, wobei sie unaufhörlich geschlagen werden. Bei der Ankunft im Lager müssen sie sich der Größe nach aufstellen. Wer nicht mehr stehen kann, wird auf den Boden gelegt. Nachdem die Listen überprüft wurden, was normalerweise einige Stunden dauert, werden die Häftlinge auf die Baracken verteilt. Die Baracken sind unbeheizt, und es gibt unzählige Ritzen in den Wänden. Einmal wurde ein Mann über der Tür einer Baracke erhängt, der Leichnam blieb längere Zeit dort hängen. Er gehörte zu einer Gruppe, die einen Hungerstreik geplant hatte, um dagegen zu protestieren, dass Gefangene bei Frost in nassen Anzügen im Freien arbeiten mussten. Der Platz zum Schlafen ist so beengt, dass jeder, der sich umdreht, seine Nachbarn stört. Für jeweils drei Häftlinge gibt es nur eine Strohmatratze. Die Handtücher müssen auf einen Haufen gelegt werden, so dass niemand ein eigenes Handtuch hat und das Infektionsrisiko steigt. Personen, die an Geschlechtskrankheiten leiden, werden absichtlich in die Lager verlegt.