Dok. 14-044

Die 75-jährige Emma de Rossi äußert sich in ihrem Tagebuch im Herbst 1943 besorgt wegen der Gerüchte über die Verfolgung der Juden in Norditalien und in Rom

Jeden Morgen und Abend, Tag und Nacht flehen wir Dich an

Jeden Morgen und Abend, Tag und Nacht flehen wir Dich an

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
Personen

Emma de Rossi (1868–1952), Ehefrau des Apothekers Daniele Ugo Castelli (1865–1953), Mutter von fünf Kindern; nach der Zerstörung des Hauses durch Bombenangriffe auf Livorno kam sie von Juni 1943 an mit ihrem Ehemann und weiteren Familienmitgliedern bei der Familie Tabet in Bolgheri und anderen Orten der Provinz Livorno unter, im Okt. 1945 nach Livorno zurückgekehrt.

Skript

26. Oktober 1943

Jeden Morgen und Abend, Tag und Nacht flehen wir Dich an: Komm und errette uns, oh Herr! Italien ist ein zweigeteiltes Schlachtfeld geworden: Die Inseln und der Süden sind von den Engländern besetzt, Mittelitalien und der Norden von den Deutschen. Die Italiener haben nichts mehr zu sagen. Mussolini hat die Monarchie für abgeschafft erklärt, den faschistisch-republikanischen Staat ausgerufen und neue Minister ernannt. Er führt als Regierungschef den Vorsitz im Ministerrat und hält Reden im Radio, steht jedoch unter Hitlers Befehl.

[...]

31. Oktober 1943

Am Freitag, den 29. hatte sich der im Radio verkündete Befehl, dass alle Juden in Konzentrationslager zu sperren seien, überall herumgesprochen. Wir haben einen schrecklichen Abend und eine fürchterliche Nacht verbracht!

Am nächsten Morgen, also gestern, lasen wir in der Zeitung, dass es gar keine diesbezügliche Gesetzesverordnung gibt; ein fanatischer Faschist hatte während einer Parteiversammlung in Rom lediglich einen entsprechenden Vorschlag gemacht. [...] Im Moment gibt es noch keinen Beschluss, es wird wohl aber noch so weit kommen.

[...]