Dok. 11-162

Die ausgetauschte Else Hannach gibt im Juli und September 1944 Auskunft über die Verfolgung der letzten Juden in Berlin

Bericht von Else Hannach, Palästina, aufgenommen

Bericht von Else Hannach, Palästina, aufgenommen

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  •  
Personen

Else Hannach, geb. Broder, später Olschowsky (*1915); lebte zunächst mit ihrem Ehemann Dr. Erich Hannach, der 1939 über Großbritannien nach Palästina emigrierte, in Magdeburg; leistete Zwangsarbeit bei Siemens-Schuckert in Berlin, Anfang Jan. 1944 Überstellung in das Zivilinterniertenlager Laufen, von dort in das Lager Vittel; im Juli 1944 wurde sie mit ihrer Tochter Ruth (*1937) nach Palästina ausgetauscht, dort 1945 eingebürgert.

 

Dr. Josef Meisel, auch Meisl (1882–1958), Jurist und Archivar; 1931–1934 Bibliothekar der Jüdischen Gemeinde Berlin, 1934 emigrierte er nach Palästina; Gründer des Jewish Historical General Archives, später CAHJP (The Central Archives for the History of the Jewish People), und dessen Leiter bis 1957; Autor von „Geschichte der Juden in Polen und Rußland“ und Mitherausgeber der „Encyclopaedia Judaica“ (1928–1934).

 

Richtig: Dr. Kurt Jacob Ball-Kaduri (1891–1976), Jurist und Historiker; 1920–1924 in der Reichsfinanzverwaltung tätig; bis 1933 an der Handelshochschule Berlin; 1938 im KZ Sachsenhausen inhaftiert, dann Emigration nach Palästina; von 1941 an sammelte er genealogische Daten von Überlebenden, 1956–1960 Direktor von Yad Vashem.

 

Leonhard (Leo) Kreindler (1886–1942), Theaterkritiker, Schriftsteller; von 1938 an verantwortlicher Redakteur des Jüdischen Nachrichtenblatts; erlitt im Nov. 1942 einen Herzinfarkt, als die Gestapo seine Abt. zum Appell antreten ließ.

 

Dr. Dr. Walter Lustig (1891–1945), Arzt; bis 1919 Arzt in Breslau, 1920–1927 Medizinalbeamter in Koblenz, dann bis 1933 Verwaltungsangestellter der Berliner Polizei; seit 1934 in der Gesundheitsverwaltung der JKG Berlin, 1941/42 Leiter der Untersuchungsabt. für Transportreklamationen, von 1942 an Leiter des Jüdischen Krankenhauses Berlin und von Juni 1943 bis Mai 1945 der Reichsvereinigung der Juden; 1945 von der sowjet. Besatzungsmacht wegen angeblicher Kollaboration verhaftet, in Berlin-Rummelsburg getötet.

 

Hans Hinkel (1901–1960), Journalist; 1921 NSDAP-, 1931 SS-Eintritt; 1933–1935 Staatskommissar im Preuß. Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, von 1935 an Sonderbeauftragter für Judenfragen und von 1942 an Leiter der Filmabt. im RMfVuP (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda), 1944 Reichsfilmintendant; 1947–1952 in poln. Haft, dann in die Bundesrepublik entlassen.

 

Dr. Cora Berliner (1890–1942?), Wirtschaftswissenschaftlerin; 1919 Referentin für Verbraucherschutz im RWM (Reichswirtschaftsministerium), 1923 Reg. Rat im Statistischen Reichsamt, 1930–1933 Professorin am Staatlichen Berufspädagogischen Institut Berlin, vermutlich 1933–1939 Leiterin des Hilfsvereins der Juden, 1933–1942 Vorstandsmitglied der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland; im Juni 1942 nach Minsk deportiert, weiteres Schicksal unbekannt.

 

Julius Seligsohn (1890–1942), Jurist; von 1924 an Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Berlin, bis 1933 Rechtsanwalt in Berlin, dann Präsidialmitglied der Reichsvertretung und Präsidiumsmitglied des Hilfsvereins der Juden in Deutschland, nach Gründung der Reichsvereinigung 1939 Vorstandsmitglied; im Nov. 1940 verhaftet, im März 1941 in das KZ Sachsenhausen deportiert, dort am 28.2.1942 gestorben.

 

Philipp Kozower (1894–1944), Rechtsanwalt und Notar; 1929–1943 Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Berlin, seit 1937 Mitglied des Präsidialausschusses der Reichsvertretung der Deutschen Juden, nach der Umbenennung 1939 Vorstandsmitglied der Reichsvereinigung, Jan. 1943 Deportation nach Theresienstadt, dort Mitglied des Ältestenrats, Okt. 1944 Deportation mit seiner Familie nach Auschwitz, dort ermordet.

 

Franz Prüfer (1893–1944), Polizist; von 1919 an bei der Polizei tätig und von 1935 an bei der Gestapo, spätestens 1937 bis Okt. 1942 stellv. Leiter des Judenreferats der Stapoleitstelle Berlin, 1942 Kriminalobersekretär; im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um das Judenreferat verhaftet; nahm sich in der Haft wahrscheinlich das Leben.

 

Dr. Bruno Mendelsohn (1888–1942).

 

Dr. Siegbert Goldstein (1903–1942).

 

Dr. Martin Brasch (1906–1941), Jurist; von 1933 an Referent für Wirtschaftshilfe bei der Jüdischen Gemeinde Berlin, von Sept. 1939 an geschäftsführender Vorsitzender des Jüdischen Kulturbunds, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Berlin; wurde am 7.5.1941 inhaftiert, starb kurz darauf an einer Blutvergiftung.

 

Stella Kübler, geb. Goldschlag (1922–1994), Modezeichnerin; seit 1941 leistete sie Zwangsarbeit in Berlin; 1942 Heirat mit Manfred Kübler; während der „Fabrik-Aktion“ tauchte sie mit ihren Eltern unter, im Sommer 1943 verhaftet, arbeitete für den „Jüdischen Fahndungsdienst“; Okt. 1944 Heirat mit Rolf Isaaksohn; 1946 zu zehn Jahren Haft verurteilt, 1957 erneute Verurteilung vom Landgericht Berlin zu zehn Jahren Zuchthaus; nahm sich das Leben.

 

Rolf Isaaksohn (*1921), Verkäufer; vermutlich Ende 1942 tauchte er in Berlin unter; im Juli 1943 wurde er verhaftet, leistete Zwangsarbeit und war von Herbst 1943 an für den „Jüdischen Fahndungsdienst“ tätig; im April 1945 tauchte er unter, 1957 für tot erklärt.

 

Manfred Guttmann (1907–1972), Kaufmann; SPD-Mitglied; im Herbst 1942 tauchte er unter, war nach seiner Verhaftung 1943 als Ordner im Sammellager Große Hamburger Straße tätig; im Mai 1945 verhaftet, 1950 während der Waldheimer Prozesse zu lebenslanger Haft verurteilt, 1956 wurde er entlassen.

 

Feodor Friedländer (1912–1944); 1942 verhaftet, arbeitete danach für den „Jüdischen Fahndungs- dienst“, im Okt. 1944 wurde er über Theresienstadt nach Auschwitz deportiert, dort ermordet.

 

Fritz Neuweck (1903–1944), Kaufmann; im Okt. 1942 tauchte er in Berlin unter und wurde im Aug. 1943 verhaftet, dann beim „Jüdischen Fahndungsdienst“ tätig; nahm sich das Leben.

 

Cioma Schönhaus (1922–2015), Graphiker; tauchte im Juni 1942 in Berlin unter und fertigte gefälschte Pässe an; 1943 floh er in die Schweiz, dort Ausbildung zum Graphiker.

 

Dr. Walter Groß (1904–1945), Arzt; 1925 NSDAP-Eintritt; 1929–1932 am Landeskrankenhaus Braunschweig tätig; von 1932 an Mitglied der Leitung des NS-Ärztebunds, 1933–1941 Beauftragter für Rassenpolitik im Stab des StdF (Stellvertreter des Führers), 1934–1945 Leiter des Rassenpolitischen Amts der NSDAP; 1938 Honorarprofessor für Rassenkunde; nahm sich das Leben; Autor u. a. von „Die rassenpolitischen Voraussetzungen zur Lösung der Judenfrage“ (1943).

Skript

Bericht von Else Hannach, Palästina, aufgenommen am 26. und 31.7.1944 von Dr. Meisel, ergänzt durch Dr. Ball, Anfang September 1944

 

Aussagen von Frau Else Hannach, geb. Broder:

Geboren in Berlin am 2.1.1915, wohnhaft in Magdeburg, später Berlin, Arbeiterin bei Siemens-Schuckert (Elmo-Werke), Gummifabrik Daubitz in Rudow bei Berlin, hergekommen mit dem Austausch am 10. Juli 1944 von Berlin über das Lager Laufen in Bayern und das Lager Vittel in Frankreich, bei Nancy.

Das Protokoll wurde aufgenommen am 26. und 31. Juli 1944 und ergänzt Anfang September 1944.

Frau H. erzählte einiges aus ihren Erlebnissen und Beobachtungen in den allerletzten Jahren. Ihre Darstellung ist nicht systematisch, sondern episodenhaft unter Hervorhebung besonders charakteristischer Vorfälle.

Von jüdischem Leben in Berlin kann man überhaupt nicht sprechen, denn offiziell gibt es keine Volljuden mehr in Berlin mit Ausnahme der in Mischehe Lebenden. Von Organisationen besteht nur die Reichsvereinigung.

Seit ungefähr Anfang 1943 finden keine jüdischen Gottesdienste mehr statt. Nach dem Pogrom im November 1938 blieben erhalten die Synagoge Oranienburger Str., Lützowstr., Lindenstr., Levetzowstr., Joachimsthaler Str., Kaiserstr., Heidereuthergasse und Münchener Straße. Im Verwaltungsgebäude Oranienburgerstr. 29 ist seit November 1943 die Gestapo untergebracht, nachdem ihre früheren Büros in der Burgstr. durch Bomben demoliert wurden. Seit 1.6.19426 bestehen keine jüdischen Schulen mehr, auch Privatunterricht war verboten. Die Eltern durften die Kinder unterweisen, aber es ist natürlich, daß dabei keine Resultate erzielt werden konnten.

Das Jüdische Nachrichtenblatt, das offizielle Organ und die einzige Zeitung der deutschen Juden nach dem Pogrom von 1938, wurde am 1.6.1943 eingestellt. In der letzten Zeit wurde es von Hans Hirschfeld, dem Nachfolger des früheren Redakteurs Leo Kreindler, geleitet. Es waren Erwägungen im Gange, das Blatt wenigstens als Verordnungsblatt für die damals noch in Berlin lebenden Juden weiterzuführen, aber diese Absicht wurde von Dr. Lustig, der das Vermögen der Reichsvereinigung verwaltet und liquidiert, vereitelt.

Der Kulturbund hörte am 19. Dezember 1941 auf. Nach der Einführung des Judensterns wollten die Juden sich nicht mehr in größeren Mengen zugleich auf den Straßen zeigen, und auch Hinkel, der behördlich Vorgesetzte des Kulturbundes, fand seinen Fortbestand für überflüssig.

Zur Rechtslage der Juden ist es interessant, daß im Laufe des Jahres 1942 verordnet wurde, daß Juden weder als Beklagte noch als Kläger Gerichten unterstehen können, sie vielmehr lediglich der Polizei unterstellt sind. Seit Herbst 1943 gibt es auch keine Juden mehr in Strafanstalten, sie wurden deportiert.

Der Hilfsverein wurde 1941 aufgelöst, als die Auswanderung aufhörte. Die Angestellten kamen in den Arbeitseinsatz. Leiter des Hilfsvereins waren zuletzt Cora Berliner und Dr. Braun, früher Dr. Seligsohn. Dieser kam ins Lager Sachsenhausen und ist dort gestorben.

Aus dem Leben der Gemeinde erzählt Frau H. zwei Vorkommnisse, die für die ganze Situation charakteristisch sind. Im Jahre 1942 wurden eines Tages sämtliche Angestellte der Gemeinde zusammenberufen. Der Syndikus der Gemeinde, Dr. Koczower, mußte auf Diktat der Gestapo (Prüfer) an die Angestellten eine Rede halten. Dann wurde wahllos eine größere Anzahl von Gemeindebeamten zum Transport nach Polen ausgewählt. Als sich bei der Prüfung der Listen herausstellte, daß einige Beamte sich rechtzeitig noch aus dem Staube gemacht hatten, bevor die Auswahl für den Transport erfolgte, wurden etwa 8–10 Beamte, unter ihnen Dr. Mendelsohn, der Leiter der Schlichtungsstelle, Dr. Goldstein und andere Akademiker festgenommen, verhaftet und erschossen.

Ein anderer Vorfall. In den Monaten Mai oder Juni 1941 kam ein Befehl der Gestapo, daß innerhalb 3 Tagen 1200 Wohnungen von Juden geräumt werden müssen. Der Sekretär des Gemeindevorsitzenden, Martin Brasch, der die Wohnungsangelegenheiten bearbeitete, erlaubte sich die Bemerkung, daß die Ausführung der Verordnung in dieser kurzen Zeit schwer möglich sein dürfte. Daraufhin wurde er von der Gestapo abgeholt, in das Lager Wuhlheide nahe Köpenick gebracht, wo er angeblich an den Folgen eines Unfalls verstarb. Er war Anfang der Dreißiger, ein Hüne von Gestalt. Frau und Mutter haben sich dann das Leben genommen.

Offiziell leben – wie gesagt – keine reinrassigen Juden mehr in Berlin außer 7000, die in Mischehe verheiratet sind, ferner – nach Schätzungen – etwa noch 2000 Juden, die sich illegal in Berlin aufhalten, deren Zahl früher viel größer war, die aber natürlich ständig abnimmt. Das Leben der „Illegalen“ ist außerordentlich schwer und überaus kostspielig. Für die Unterkunft in einer Wohnung müssen Beträge gezahlt werden, die für Familien nur in den allerseltensten Fällen erschwinglich sind. Die meisten Illegalen sind Einzelpersonen. Die Deutschen nehmen Illegale natürlich nicht aus Sympathie auf, sondern dann aus Eigennutz, obschon das Verbergen mit sehr schweren Strafen bedroht ist. Auch ist für einen Illegalen mit der Aufnahme in eine Wohnung keine Gewähr für die Dauer geschaffen. Nach einiger Zeit werden gewöhnlich die Illegalen, obwohl sie sehr große Geldopfer gebracht haben, aufgefordert, die Wohnung zu verlassen und dann irren sie meistens in Parks, auf den Friedhöfen, in den Verkehrsmitteln ziellos herum, bis sie schließlich ihrem Schicksal verfallen. Gute Beziehungen und arisches Aussehen können natürlich im Einzelfall viel helfen.

Seit einiger Zeit sind die Illegalen von einer besonderen Gefahr bedroht, nämlich einer Spitzelgruppe von Juden, etwa 20 an Zahl, die früher ebenfalls illegal sich in Berlin aufhielten, aber als sie erwischt wurden, sich in die Dienste der Gestapo begaben mit dem Auftrage, den Aufenthalt von illegal wohnenden Juden ausfindig zu machen und sie der Behörde auszuliefern. In der Amtssprache heißt dieses Dezernat „Jüdischer Fahndungsdienst“.

Von Namen solcher jüdischer Denunzianten nennt Frau H.: Stella Kübler, geb. Goldschlag, wohl die Schlimmste der ganzen Gruppe, Rolf Isaaksohn, Manfred Guttmann, Friedländer, Neuweck.

Die „Illegalen“ müssen sich mit Papieren versehen, die natürlich gefälscht werden. Das ist auf dem Wege von Bestechungen zu erreichen. Überhaupt sind Bestechungen bei einem erheblichen Teil der Beamtenschaft gang und gäbe. Man kann alles erreichen, wenn man die richtigen Wege dazu weiß. Auch die Gestapo ist zum Teil bestechlich. Gefälscht werden Kennkarten, Wehrpässe, Lebensmittelkarten und Lebensmittelkartenersatz für eine Person auf die Dauer von 4 Wochen, kostet meistens über 300 Mark. Und allerhand Formulare, oder es verliert jemand irgendein Legitimationspapier und dergl., das dann entsprechend umgearbeitet wird. Oder man beschafft sich richtige Originalpapiere von Polizeibeamten usw. usw. Die Fälschungen sind mitunter geradezu künstlerisch ausgeführt, ein Jude namens Schönhorst tat sich darin besonders hervor. Es ist im Grunde alles zu haben. Es gibt einen „schwarzen Markt“ und dergleichen mehr.

Wenn „Illegale“ erwischt werden, droht ihnen selbstverständlich die Verschickung nach dem Osten. Ein Problem war bei der Frage der Evakuierungen, auf die wir noch zu sprechen kommen, ob auch die in Mischehe lebenden Juden davon betroffen werden sollen. Dafür war insbesondere der Leiter des rassenkundlichen Amtes der nationalsozialistischen Partei, Dr. Groß, während Himmler und Goebbels dagegen waren und wenigstens – soweit es Frau H. noch bekannt ist – vorläufig gesiegt zu haben scheinen. Aber trotzdem hilft sich die Behörde in mehreren Fällen dadurch, daß sie dem in Mischehe lebenden jüdischen Teil irgendeine weit zurückliegende kriminelle Beschuldigung anhängt, was mitunter mit schweren Konsequenzen verbunden ist.

Frau H. erzählt über Evakuationen etwa folgendes: Die Transporte wurden zuerst in der Synagoge Levetzowstr. bis Ende 1942 gesammelt, dann in der Altersversorgungsanstalt Große Hamburger Str. und zuletzt in der Pathologischen Abteilung des jüdischen Krankenhauses, wo etwa 10 volljüdische junge Leute noch mit irgendwelchen mit den Transporten zusammenhängenden Arbeiten im Frühjahr dieses Jahres beschäftigt waren. Die Abtransporte erfolgten zuerst vom Bahnhof Grunewald, später vom Bahnhof Putlitzstr. Anfangs mußten die Evakuierten zu Fuß gehen, mitunter zum Gaudium der Bevölkerung, obschon auch einige sich neutral und auch ablehnend verhielten. Später wurden sie mit Lastautos zum Bahnhof gefahren.

Der erste Transport ging nach Litzmannstadt am 16. Oktober 1941 ab. Das Altersheim in der Gerlachstr. war das Sammellager für die nach Theresienstadt Bestimmten. Ursprünglich war Theresienstadt als Lager für alte Leute über 65 Jahre und Kranke gedacht, dann wurden dorthin transportiert verdienstvolle Kriegsteilnehmer, Rabbiner, hohe Gemeindebeamte. Die Untersuchung bei Kranken, ob sie tauglich für Theresienstadt seien, d. h. hinreichend krank waren, wurde unter Leitung des genannten Dr. Lustig ausgeführt und war überaus streng.

Über die in Polen und im okkupierten Rußland vollzogenen Hinrichtungen von Juden, Gaskammern und dergleichen scheint die allgemeine Bevölkerung in Berlin aus den Aussagen von Soldaten informiert zu sein.

 

Frau H. hat in Berlin gelebt vom Frühjahr 1939 bis zum 1. Februar 1944. Sie kam dann in das Lager Laufen. Frau H. kam mit 13 anderen aus Laufen über Vittel in den Austauschtransport. Hinzu kamen 50 andere, die schon länger in Vittel gewesen waren, in Wien kamen etwa 220 aus Bergen-Belsen dazu. Der Transport war als internationaler Roter-Kreuztransport sehr anständig und komfortabel.