Dok. 09-243

SS-Brigadegeneral Jürgen Stroop schildert am 16. Mai 1943 die Vernichtung des Warschauer Gettos

Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in

Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in

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Personen

Dr. Ferdinand von Sammern und Frankenegg (1897–1944), Jurist; 1920–1926 Mitglied im Bund Oberland; 1932 SS- und 1933 NSDAP-Eintritt; von 1929 an Rechtsanwalt in Peuerbach (Oberösterreich), erhielt zwei Freiheitsstrafen wegen NS-Betätigung; nach dem Anschluss Österreichs hauptamtlicher SS-Führer, von März 1939 an Leiter des Oberabschnitts IX der SS in Würzburg; Juni 1942 bis April 1943 SSPF (SS- und Polizeiführer) im Distrikt Warschau; 1944 in Jugoslawien durch Partisanen getötet.

 

Skript

Bericht

 

Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!

[…]

Im Januar 1943 wurde vom Reichsführer-SS anläßlich seines Besuches in Warschau dem SS- und Polizeiführer im Distrikt Warschau der Befehl erteilt, die im Ghetto untergebrachten Rüstungs- und wehrwirtschaftlichen Betriebe mit Arbeitskräften und Maschinen nach Lublin zu verlagern. Die Durchführung dieses Befehls gestaltete sich recht schwierig, da sowohl die Betriebsführer als auch die Juden dieser Verlagerung sich in jeder denkbaren Weise widersetzten. Der SS- und Polizeiführer entschloß sich deshalb, durch eine für 3 Tage vorgesehene Großaktion die Verlagerung der Betriebe zwangsweise durchzuführen. Die Vorbereitungen und der Einsatzbefehl für diese Großaktion waren von meinem Vorgänger getroffen worden. Ich selbst traf am 17. April 1943 in Warschau ein und übernahm die Führung der Großaktion am 19.4.1943 um 8.00 Uhr, nachdem die Aktion selbst schon um 6.00 Uhr an diesem Tage begonnen hatte. Vor dem Beginn dieser Großaktion waren die Grenzen des ehemaligen jüdischen Wohnbezirkes durch eine äußere Absperrung abgeriegelt, um einen Ausbruch der Juden zu vermeiden. Diese Absperrung bestand fortlaufend vom Beginn bis zum Ende der Aktion und war nachts noch besonders verstärkt.

Beim ersten Eindringen in das Ghetto gelang es den Juden und den polnischen Ban­diten, durch einen vorbereiteten Feuerüberfall die angesetzten Kräfte einschließlich Panzer- und Schützenpanzerwagen zurückzuschlagen. Bei dem zweiten Einsatz, etwa gegen 8.00 Uhr, setzte ich die Kräfte getrennt durch bekanntgegebene Gefechtsstreifen truppenmäßig zur Durchkämmung des gesamten Ghettos an. Trotz Wiederholung des Feuerüberfalles gelang es jetzt, die Gebäudekomplexe planmäßig zu durchkämmen. Der Gegner wurde gezwungen, sich von den Dächern und höher gelegenen Stützpunkten in die Keller, Bunker und Kanäle zurückzuziehen. Um ein Entweichen in die Kanalisation zu verhindern, wurde alsbald das Kanalnetz unterhalb des jüdischen Wohnbezirkes mit Wasser angestaut, was aber von den Juden zum größten Teil durch Sprengungen von Absperrschiebern illusorisch gemacht wurde. Am Abend des ersten Tages wurde auf größeren Widerstand gestoßen, der aber von einer besonders angesetzten Kampfgruppe rasch gebrochen werden konnte. Beim weiteren Einsatz gelang es, die Juden aus ihren eingerichteten Widerstandsnestern, Schützenlöchern usw. zu vertreiben und im Laufe des 20. und 21. April den größten Teil des sogen. Restghettos so weit in die Hand zu bekommen, daß von einem größeren erheblichen Widerstand innerhalb dieser Gebäudekomplexe nicht mehr gesprochen werden konnte. […]

Die Zahl der in den ersten Tagen aus den Häusern herausgeholten und erfaßten Juden war verhältnismäßig gering. Es zeigte sich, daß sich die Juden in den Kanälen und besonders eingerichteten Bunkern versteckt hielten. Wenn in den ersten Tagen angenommen worden war, daß nur vereinzelte Bunker vorhanden seien, so zeigte sich doch im Laufe der Großaktion, daß das ganze Ghetto systematisch mit Kellern, Bunkern und Gängen versehen war. Diese Gänge und Bunker hatten in allen Fällen Zugänge zu der Kanalisation. Dadurch war ein ungestörter Verkehr unter der Erde zwischen den Juden möglich. Dieses Kanalnetz benutzten die Juden auch dazu, um unter der Erde in den arischen Teil der Stadt Warschau zu entkommen. Laufend trafen Meldungen ein, daß Juden sich durch die Kanallöcher zu entziehen versuchten. […]

Der von den Juden und Banditen geleistete Widerstand konnte nur durch energischen, unermüdlichen Tag- und Nachteinsatz der Stoßtrupps gebrochen werden. Am 23.4.1943 erging vom Reichsführer-SS über den Höheren SS- und Polizeiführer Ost in Krakau der Befehl, die Durchkämmung des Ghettos in Warschau mit größter Härte und unnachsichtlicher Zähigkeit zu vollziehen. Ich entschloß mich deshalb, nunmehr die totale Vernichtung des jüdischen Wohnbezirks durch Abbrennen sämtlicher Wohnblocks, auch der Wohnblocks bei den Rüstungsbetrieben, vorzunehmen. Es wurde systematisch ein Betrieb nach dem anderen geräumt und anschließend durch Feuer vernichtet. […] Zahlreiche Juden, die nicht gezählt werden konnten, wurden in Kanälen und Bunkern durch Sprengungen erledigt.

Je länger der Widerstand andauerte, desto härter wurden die Männer der Waffen-SS, der Polizei und der Wehrmacht, die auch hier in treuer Waffenbrüderschaft unermüdlich an die Erfüllung ihrer Aufgaben herangingen und stets beispielhaft und vorbildlich ihren Mann standen. Der Einsatz ging oft vom frühen Morgen bis in die späten Nachtstunden. […]

Die Großaktion wurde am 16.5.1943 mit der Sprengung der Warschauer Synagoge um 20.15 Uhr beendet.

Nunmehr befindet sich in dem ehemaligen jüdischen Wohnbezirk kein Betrieb mehr. Es ist alles, was an Werten, Rohstoffen und Maschinen vorhanden war, abtransportiert und verlagert worden. Alles, was an Gebäuden und sonst vorhanden war, ist vernichtet. Eine Ausnahme hiervon macht nur das sogen. Dzielna-Gefängnis der Sicherheitspolizei, welches von der Vernichtung ausgeschlossen wurde. […]

Es wird vorgeschlagen, das Dzielna-Gefängnis zu einem KZ. zu machen und durch die Häftlinge die Millionen von Backsteinen, den Eisenschrott und andere Materialien auszubauen, zu sammeln und der Verwertung zuzuführen.