Dr. Irmfried Eberl (1910–1948), Arzt; 1931 NSDAP-Eintritt; siedelte nach seinem Studium in Innsbruck 1936 nach Deutschland über, im Hygiene-Museum in Dresden und als Werksarzt, 1938 im Amt für Volksgesundheit des Gaus Magdeburg-Anhalt tätig, 1940 Leiter der „Euthanasieanstalten“ Brandenburg und Bernburg, Mitwirkung am „Euthanasie“-Gesetz, bis Aug. 1942 Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka, danach wieder in Bernburg; nahm sich in der Untersuchungshaft in Ulm das Leben.
Ruth Eberl, geb. Rehm (1907–1944), Hauswirtschaftlerin; 1927/28 Ausbildung zur Stenotypistin, 1932 selbständige Graphologin, NSDAP-Eintritt; von 1933 an in Mitteldeutschland hauptamtlich bei der DAF (Deutschen Arbeiterfront) tätig, von Aug. 1936 an im Stab der Reichsfrauenführerin in der DAF-Auslandsorganisation in Berlin; 1938 heiratete sie Eberl in Bregenz.
Brief von SS-Untersturmführer Dr. Irmfried Eberl an seine Frau Ruth
Meine liebe Ruth!
[…] Daß ich in der letzten Zeit etwas wenig geschrieben [habe,] weiß ich, konnte dies aber nicht ändern, da die letzten Warschauer Wochen von einer Hetze begleitet waren, die unvorstellbar war, ebenso hat hier in Treblinka ein Tempo eingesetzt, das geradezu atemberaubend ist. Wenn ich vier Teile hätte und der Tag 100 Stunden, dann würde das wahrscheinlich auch noch nicht ganz reichen. Aus diesem Grunde kam ich und werde auch nicht so häufig zum Schreiben kommen, wie Du es vielleicht gerne hättest und wie ich es gerne täte. Du kannst überzeugt sein, daß ich viel und oft an Dich denke, aber einfach nicht die Zeit und die Muße habe, um zu schreiben. Wenn man, wie in der letzten Woche, von früh bis spät und von spät bis früh auf den Beinen ist, in der Nacht vielleicht 3–4 Stunden schläft, die restlichen Schlafstunden sich tagsüber zusammenstiehlt, die wenigen Schlafstunden außerdem noch durch die Quälerei durch Läuse, Flöhe usw. versüßt werden, dann kannst Du mir wahrhaftig glauben, daß man vielleicht manchmal die wenigen Minuten für ein Lebenszeichen aufbringen könnte, daß aber dann die Muße dazu fehlt. Wenn ich mit Dir, der Du doch mein liebster Kamerad bist, Zwiesprache halten will, dann will ich mit Dir denken, fühlen und mit Dir verbunden sein, aber ich will Dich dann nicht mit Schmutz und Dreck belasten.
Ich habe nun mit der Zeit Nerven aus Stahl bekommen. Daß meine Nerven versagen können, kommt nicht in Frage. Noch viel weniger, daß ich physisch versagen könnte.
Es ist mir, allerdings unter rücksichtslosem Einsatz meiner Person, gelungen, in den letzten Tagen mit nur dem halben Personal meine Aufgabe zu meistern. Allerdings habe ich auch meine Leute rücksichtslos überall eingesetzt, wo es nötig war, und meine Leute haben wacker mitgezogen. Und auf diese Leistung bin ich froh und stolz.
Nun brauche ich nur noch von Deiner Seite das nötige Verständnis. Du sollst nicht glauben, daß ich etwa nicht oft und gerne an Dich denke. Wenn mich nachts die Flöhe piesacken, dann denke ich oft an mein schönes Heim in Berlin. Und wenn ich mir tagsüber die Kehle heiser schreie, an die Ruhe und an den Frieden zu Hause. Aber die Aufgabe, die mir gestellt ist, wird restlos geschafft, und das ist die Hauptsache.
Und, meine liebe Katze, sei mir nicht böse, wenn ich mal schweige, ich denke oft und viel an Dich, aber man kann sich nicht immer hinsetzen und Briefe schreiben. Denn da Du die schöne Seite in meinem Leben darstellst, sollst Du von allem nichts wissen.
Herzliche Grüße und viele viele Küsse
von Deinem Teddy