Dok. 03-181

Die Jüdische Kultusgemeinde Köln gibt am 12. Mai 1941 bekannt, welche Häuser geräumt werden müssen

Durch unser Rundschreiben vom
3. diesen Monats

Liebe Mutter! Hab recht herzlichen Dank für Deinen

Orte

._._._ Staatsgrenzen von 1937

Personen

Dr. Albert Kramer (1887–1942), Jurist; 1920–1933 Stadtdirektor in Köln, Devisenberater für jüdische Auswanderer, Vorsitzender des Landesverbands Rheinland-Westfalen der Zionistischen Vereinigung für Deutschland; er wurde am 30.10.1941 ins Getto Litzmannstadt (Lodz) deportiert, wo er verstarb.

 

Vermutlich: Siegfried Bernhard (*1896); Leiter der Wohnungsberatung der Jüdischen Kultusgemeinde Köln, er wurde am 18.6.1942 nach Theresienstadt und von dort am 28.9.1944 nach Auschwitz deportiert; für tot erklärt.

Skript

Aufruf der Jüdischen Kultusvereinigung Synagogengemeinde Köln e.V., Abt. Wohnungsberatung, gez. Vorsitzender Dr. Albert Israel Kramer und Leiter der Wohnungsberatung Siegfried Israel Bernhard

 

An alle Juden in Köln!

Durch unser Rundschreiben vom 3. d. M. war bereits bekannt gegeben, daß außer sämtlichen arischen Häusern auch eine Anzahl jüdischer Häuser geräumt werden muß. Die Anweisung der Behörde ist nunmehr ergangen.

Sämtliche jüdischen Häuser auf der rechten Rheinseite (Deutz, Kalk und Mühlheim pp.) sowie sämtliche jüdischen Häuser der südlichen und westlichen Vororte (Bayenthal, Marienburg, Zollstock, Klettenberg, Sülz, Lindenthal, Braunsfeld und Müngersdorf) müssen geräumt werden, so daß sich die Unterbringung der Juden auf die jüdischen Häuser der Alt- und Neustadt und der nördlichen Vororte (Ehrenfeld, Nippes pp) beschränkt.

Die Behörde fordert weiter, daß die Räumung sowohl der arischen als auch der vorbenannten jüdischen Häuser, ohne Rücksicht auf die bestehenden Kündigungsfristen und Verträge bis zum 1. Juni durchgeführt werden muß.

Wir bitten Sie, Ihrem Vermieter von dieser Sachlage sofort Kenntnis zu geben, und uns Mitteilung zu machen, falls Sie Schwierigkeiten haben.

Diese Anordnung erfordert eine noch schärfere Zusammenlegung der Juden, als sie bisher beabsichtigt war. Es muß nunmehr davon ausgegangen werden, daß grundsätzlich jeder Familie nur ein Raum zusteht und daß Einzelpersonen in größerer Zahl – je nach Größe des Raumes – untergebracht werden.

Aus dieser Sachlage ergibt sich folgendes:

1.) Sämtliche Anträge sowie die städtischen Einweisungsbescheide, sind hinfällig geworden, soweit nicht der Umzug bereits stattgefunden hat.

2.) Wir werden jedem, der durch die neue Regelung betroffen wird, im Laufe der nächsten 14 Tage einen Bescheid darüber zukommen lassen, welcher Wohnraum ihm zugeteilt ist.

Die Eigentümer jüdischer Häuser bezw. Vermieter jüdischer Wohnungen, erhalten Abschrift von dieser Einweisungsmitteilung. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß ohne unsere Einweisung kein Umzug stattfinden darf. Zuwiderhandlungen müssen zur Meldung gebracht werden.

3.) Angesichts des außerordentlich knappen zur Verfügung stehenden Raumes darf keiner – auch nicht der Hauseigentümer oder der in der bisherigen Wohnung verbleibende Mieter – mehr Mobiliar behalten, als er in dem ihm künftig zustehenden Raum ordnungsgemäß unterzubringen vermag. (Bei Meinungsverschiedenheiten ist der Abteilung Wohnungsberatung sofort schriftlich Kenntnis zu geben.) Alle Möbelstücke, die nicht untergebracht werden können, dürfen auf Anordnung der Behörde nicht verkauft werden, sondern müssen unter Aufsicht eingelagert werden, damit eine Verschleuderung vermieden wird.

Die Gegenstände sollen nach und nach zu Gunsten des Eigentümers veräußert werden. Preisfestsetzung erfolgt durch einen behördlich bestellten Taxator.

4.) Zur Vorbereitung der umfangreichen Neuordnung finden Sprechstunden der Abteilung Wohnungsberatung bis auf weiteres nicht statt.

Wir sind verpflichtet, alle Personen, die sich den von uns zu treffenden Anordnungen nicht fügen, der Staatspolizeistelle zu melden – hoffen und erwarten aber, daß jeder Einzelne so viel Verantwortungsgefühl und Disziplin beweisen wird, daß zu solcher Meldung keine Veranlassung entsteht.