Dr. Nahum Goldmann (1895–1982), Jurist; Redakteur der Encyclopaedia Judaica; 1926–1933 Vorstandsmitglied der Zionistischen Vereinigung für Deutschland; emigrierte 1933 in die Schweiz, 1934–1940 Vertreter der Jewish Agency for Palestine beim Völkerbund, 1936 Mitbegründer und dann Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstands des jüdischen Weltkongresses; 1951–1977 Präsident des Jüdischen Weltkongresses sowie 1956–1968 der Zionistischen Weltorganisation.
Nazi-Agitation dient als Deckmantel. Propaganda nur Tarnung, um Demokratie zu zerstören
Der Versuch des Nazi-Regimes, Amerika durch Propaganda und Antisemitismus zu erobern, ist nur der Deckmantel, hinter dem es sein eigentliches Ziel verbirgt: die Zerstörung der demokratischen Institutionen. Dies stellte Dr. Nahum Goldmann, der Vorsitzende des Verwaltungskomitees des Jüdischen Weltkongresses, gestern fest, nachdem er letzten Freitag, aus der Schweiz kommend, hier eingetroffen war.
„Falls die Nazis den Endsieg erringen sollten“, sagte Dr. Goldmann in einem Interview im Hotel Astor, „sind sechs Millionen Juden in Europa zum Untergang verurteilt. Ihre einzige Hoffnung liegt in einem Sieg der Briten.“
Er forderte die amerikanischen Juden auf, sich dem Beispiel des amerikanischen Volks anzuschließen, und drängte sie zur Bildung einer geschlossenen Verteidigungsfront. Er kündigte die Gründung eines Panamerikanischen Jüdischen Kongresses an, um die Rechte der Juden zu schützen, und teilte mit, dass diese Körperschaft schon bald unter Beteiligung der lateinamerikanischen Delegationen hier in diesem Land zu ihrer ersten Sitzung zusammentreffen werde.
„Die Chancen für eine Massenemigration und Ansiedlung der europäischen Judenheit scheinen gering zu sein, und die europäischen Juden sehen sich mit der drohenden physischen Vernichtung konfrontiert“, führte er weiter aus. „Selbst die 4 000 000 Juden unter sowjetischer Herrschaft, die zurzeit frei von rassistischer Diskriminierung sind, werden im Fall eines Endsiegs der Nazis nicht sicher sein.“
Dr. Goldmann erklärte, dass der Hauptsitz des Jüdischen Weltkongresses in den Vereinigten Staaten eingerichtet werde. Er ergänze die bereits bestehenden Niederlassungen in London und Genf sowie das neu eingerichtete Büro in Buenos Aires. Die Pariser Niederlassung der Organisation sei an dem Tag, an dem die Nazis Paris besetzten, geschlossen worden.