Dok. 03-012

Beim Beauftragten für den Vierjahresplan in Berlin findet am 16. September 1939 eine Besprechung über die Auswanderung der Juden und deren Zwangsarbeit statt


Zunächst wurde über den Arbeitseinsatz der arbeitsfähigen

Zunächst wurde über den Arbeitseinsatz der arbeitsfähigen

Orte

._._._ Staatsgrenzen von 1937

Skript

Vermerk des RFM [Reichsfinanzministeriums]

 

Betr.: Auswanderung der Juden.

[…]

1. Zunächst wurde über den Arbeitseinsatz der arbeitsfähigen Juden gesprochen. Hierüber berichtete der Vertreter des Chefs der Sicherheitspolizei. Es ergab sich folgendes Bild:

Nach vorläufigen Ermittlungen ist damit zu rechnen, daß etwa 60 % der Juden für den Arbeitseinsatz nicht in Betracht kommen, da sie entweder bis zu 16 Jahren oder über 55 Jahre alt sind. Tatsächlich beschäftigt sind verhältnismäßig wenig Juden. Man rechnet damit, daß noch herangezogen werden könnten etwa 50 000 Männer und 60 bis 70 000 Frauen. Die Gesamtzahl der im Reich noch vorhandenen Juden ist noch nicht bekannt.

Im übrigen hat sich der Führer die Entscheidung über die Beschäftigung der Juden vorbehalten. Die Entscheidung ist noch nicht getroffen.

2. Von den politischen Ressorts wurde der Standpunkt vertreten, daß die weitere Auswanderung der Juden erwünscht ist, gleichviel, ob ihr Reiseziel das neutrale oder feindliche Ausland ist. Zurzeit erhalten die auswandernden Juden in Devisen nur noch 4 v.H. des von ihnen zur Verfügung gestellten Reichsmarkbetrags anstatt der bisherigen 6 v.H. Das RWiM. [Reichswirtschaftsministerium] wird eine Entscheidung der Frage herbeiführen, ob es im Deviseninteresse noch möglich ist, die 4 v.H. zu gewähren.

Es wird angenommen, daß die Bereitwilligkeit zur Unterstützung der Auswanderung vom Ausland her unter den gegenwärtigen Verhältnissen steigt. Falls entschieden werden sollte, daß die auswandernden Juden überhaupt keine Devisenbeträge mehr erhalten sollen, entsteht die Frage, was mit ihrem Restvermögen (nach Abzug aller Abgaben) geschehen soll. Die Belassung des Restvermögens, z.B. unter Bildung von Sperrkonten, würde nicht unbedenklich sein, weil die Juden vom Ausland her vielleicht versuchen würden, an die Sperrguthaben heranzukommen. Vorzuziehen wäre es unter diesem Gesichtspunkt, daß die Juden das Restvermögen der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ zur Verfügung stellen müßten. Denn die Reichsvereinigung hat die mit den Juden zusammenhängenden Aufgaben zu erfüllen, und ihre ausreichende Finanzierung aus jüdischen Mitteln liegt im Interesse des Reichs, da die Unterhaltspflicht letzten Endes Sache des Reichs sein würde.

Weiter ergab sich in der Besprechung Einigkeit darüber, daß es zurzeit nicht angebracht ist, von deutscher Seite durch Bildung eines besonderen Treuhandfonds im Wege der Umlagen auf die jüdischen Vermögen die Auswanderung in besonderem Maße zu unterstützen. Dies verbietet sich aus finanz- und devisenpolitischen Erwägungen.

Durch die Hand des Herrn St [Staatssekretär] Herrn Minister mit der Bitte um Kenntnisnahme vorzulegen.