Dok. 05-043

Sechs protestantische Kirchen der Niederlande kritisieren am 24. Oktober 1940 gegenüber Reichskommissar Arthur Seyß-Inquart die Vorschriften für jüdische Beamte


Exzellenz, die Unterzeichner, Vertreter

Exzellenz, die Unterzeichner, Vertreter

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  • Grenze Grenzen der Oberlandratsbezirke nach der Gebietsreform von 1940 (im Protektorat Böhmen und Mähren)
Personen

Dr. Arthur Seyß-Inquart (1892–1946), Jurist; 1931 NSDAP-Eintritt, Mitglied im Deutsch-Österreichischen Volksbund und im Steirischen Heimatschutz; Febr. 1938 Innenminister von Österreich, März 1938 Bundeskanzler und Reichsstatthalter von Österreich, 1939–1940 Stellvertreter des Generalgouverneurs Hans Frank im besetzten Polen, vom 25.4.1940 an Reichskommissar der Niederlande; 1946 im Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt und hingerichtet.

 

Skript

Schreiben (Nicht zur Veröffentlichung), ungez., ’s-Gravenhage

 

Exzellenz,

die Unterzeichner, Vertreter der nachfolgend genannten Evangelischen Kirchen in den Niederlanden für die Behandlung von Fragen, die das Verhältnis von Kirchen und Obrigkeit betreffen, nämlich

1. der Niederländisch-Reformierten Kirche;

2. der Altreformierten Kirchen;

3. der Christlich-Reformierten Kirche;

4. der Reformierten Kirchen im wiederhergestellten Verband;

5. der Remonstrantischen Bruderschaft;

6. der Allgemeinen Taufgesinnten Gesellschaft,

sehen sich aufgrund der vor kurzem erlassenen Anordnungen, nach denen die Anstellung und Beförderung von Beamten und anderen Personen jüdischer Abstammung in den Niederlanden verboten wird, veranlasst, sich an Eure Exzellenz zu wenden.

Nach ihrer Überzeugung verstößt diese Maßnahme, bei der wichtige geistliche Interessen berührt werden, gegen die christliche Barmherzigkeit. Darüber hinaus treffen die Maßnahmen auch Mitglieder der Kirchen, die in den letzten Generationen zum Christentum übergetreten sind und die nach Maßgabe der Heiligen Schrift
(Röm. 10:12, Gal. 3:28 ) als vollkommen gleichberechtigte Mitglieder dieser Kirchen aufgenommen wurden.

Zudem sind die Kirchen tief erschüttert, weil es sich hier um das Volk handelt, aus dem der Heiland der Welt geboren wurde und das Gegenstand der Fürbitte der Christenheit ist, damit es lerne, sich zu seinem Herrn und König zu bekennen.

Aus diesen Gründen wenden sich die Unterzeichner an Eure Exzellenz mit der dringenden Bitte, an der Rücknahme der Vorschriften mitzuwirken. […]

Damit verbleiben wir hochachtungsvoll