Dok. 04-074

Der Chef einer SS-Reiterschwadron in Chełm beschreibt, wie er am 14. Januar 1940 einen Massenmord anordnet

Bericht des Chefs der 5. Schwadron der 1. SS-Totenkopf-Reiterstandarte in Chelm

Bericht des Chefs der 5. Schwadron der 1. SS-Totenkopf-Reiterstandarte in Chelm

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  • Grenze Staatsgrenzen und Grenzen der Unionsrepubliken der UdSSR 1938–1941
  • Grenze Deutsch-sowjetische Demarkationslinie im besetzten Polen vom 28. Sept.1939
  • Grenze Grenze zwischen den eingegliederten Gebieten und dem Generalgouvernement
Personen

Wilhelm Reichenwallner (1910–1943), Kaufmann; 1931 NSDAP- und SS-Eintritt; 1934 Ausbilder bei der 17. SS-Reiterstandarte; 1939 übernahm er die „arisierte“ Schuhfabrik Diamant in Strausberg; 1940 Führer des SS-Reitersturms 2/7, wegen Vergewaltigung und wegen Geschlechtsverkehrs mit Polinnen strafrechtlich verurteilt; in der Sowjetunion gefallen.


Richtig: Hermann Rohlfing (1910–1961), Bürogehilfe; 1928 Justizangestellter beim Amtsgericht Minden; 1933 SS- und 1937 NSDAP-Eintritt; von 1940 an bei der Außenstelle des KdS Lublin in Chełm, später Leiter des Sonderkommandos 1005, 1944 verantwortlich für die Tötung von Gefangenen in Lublin beim Herannahen der Roten Armee; 1960 Leiter der Kripo in Minden; starb in Untersuchungshaft.


Richtig: Friedrich Schmidt (1902–1973), Volksschullehrer; 1924 Leiter der Artamanen-Bewegung; 1925 NSDAP-und 1934 SS-Eintritt; 1933–1937 stellv. Gauleiter für Württemberg, 1937 Leiter des NSDAP-Hauptschulungsamts; Okt. 1939 Distriktchef in Lublin, Anfang 1940 ins Reich abberufen, April 1942 in der Stabsleitung des SS-Arbeitsbereichs Osten, 1944 in Kriegsgefangenschaft.

Skript

Bericht des Chefs der 5. Schwadron der 1. SS-Totenkopf-Reiterstandarte in Chełm, gez. SS-Obersturmf. u. Schwadronschef Reichenwallner, an den Stab der 1. SS-Totenkopf-Reiterstandarte im Generalgouvernement Polen in Warschau vom 14.1.1940

 

Betreff: Einsatz am Sonnabend den 13. Januar 1940.

[…]

Am Freitag den 12. Januar 1940 gegen 22 Uhr wurde ich von dem Führer der Sicherheitspolizei Kreis Chelm SS-Untersturmführer Rollfing telefonisch gebeten, die Bewachung eines in der Nacht eintreffenden Judentransportes zu übernehmen. Es handelte sich dabei um etwa 600 Juden, welche aus Lublin kamen und bis zum Morgen in den Eisenbahnwagen bleiben sollten. Ich habe deshalb einen Unterführer und 20 Mann bestimmt, welche von nachts 2 Uhr (Eintreffen des Zuges) bis zum Morgen die Wache übernommen haben. Um 7 Uhr früh meldete mir der eingeteilte Gruppenführer, daß die Wagen vollständig verseucht seien. Ich habe mich deshalb auf die Bahn begeben und dort mit dem Führer der Sicherheitspolizei sowie mit dem stellvertretenden Landrat die Wagen besichtigt.

Dabei wurde festgestellt, daß die Wagen, teilweise bestehend aus 2. u. 3. Klasse Schnellzugwagen, mit Juden überbesetzt waren, daß auf den Gängen derselben ca. 40 Tote lagen, welche den langen Transport nicht aushielten, und Abteile vollgebrochen und durch Kot verunreinigt waren. Beim Öffnen der Tür kam mir schon die Brühe entgegen und wir waren uns einig, daß in diesem Zug die Ruhr ausgebrochen war. Nach längerem Beraten wurden wir uns einstimmig klar, daß [es] ein Verbrechen wäre, die verseuchten und verwanzten Juden im Kreisgebiet Chelm auszusetzen. Wir haben deshalb veranlaßt, daß das Zugpersonal mit deutschen Beamten besetzt wurde und der Zug in eine Waldgegend Richtung Ruda abgeschoben wird, um dort sämtliche Insassen zu erschießen.

Da die 5. Schwadron nur im Besitz von insgesamt 500 Schuß Infanterie-Munition war und die Wehrmacht ebenfalls nichts abgeben konnte, war es mir unmöglich, diese Aktion durchzuführen. Es wurde deshalb von dem stellvertretenden Landrat die Gendarmerie mit 8 Mann bestimmt, und habe ich dazu zur Verstärkung der Gendarmerie 1 Unterführer und 10 Mann abgestellt. Ich selbst konnte die Führung der Aktion nicht übernehmen, da an diesem Tage der Herr Gouverneur, SS-Brigadeführer Schmitt, seinen Besuch angesagt hatte und ich aufgefordert war, an der Besichtigungsfahrt teilzunehmen. Ich habe deshalb die eingeteilten Männer (1 Unterführer, 10 Mann) vor Abfahrt des Zuges antreten lassen und sie darauf aufmerksam gemacht, daß diese Aktion durchzuführen ist, ich aber erwarte, da 2 Formationen, Gendarmerie und SS, daran beteiligt sind und die Gendarmerie mit M.P. ausgerüstet ist, daß das Aufgabengebiet geteilt werden muß und zwar, daß vorerst eine Abteilung den Rest der im Zuge Verbleibenden zu bewachen hat und der andere Teil die Erschießungen vorzunehmen hat. Später haben die Abteilungen zu wechseln.

[…]