Dok. 04-013

Eine jüdische Augenzeugin berichtet in Palästina, wie die Deutschen im September 1939 in Włocławek die Juden verfolgten

Vor uns erscheint Frau M.P. aus Włocławek, die jetzt in

Vor uns erscheint Frau M.P. aus Włocławek, die jetzt in

Orte
  • Grenze Staatsgrenzen von 1937
  • Grenze Staatsgrenzen und Grenzen der Unionsrepubliken der UdSSR 1938–1941
  • Grenze Deutsch-sowjetische Demarkationslinie im besetzten Polen vom 28. Sept.1939
  • Grenze Grenze zwischen den eingegliederten Gebieten und dem Generalgouvernement
Skript

Protokoll der Aussage von Frau M.P. aus Włocławek vor der Commission for Polish Jewry in Jerusalem am 7.6.1940

 

Die Liquidierung der Gemeinde Włocławek

Vor uns erscheint Frau M.P. aus Włocławek, die jetzt in Jerusalem wohnt und Folgendes bezeugt:

Wenige Tage nach ihrem Einmarsch in Włocławek, am Vorabend des Jom Kippur, drangen die Deutschen in ein Privathaus ein, in dem sich Juden zum Gebet versammelt hatten. Sie befahlen den Anwesenden, das Gebäude zu verlassen und loszurennen. Dann gaben sie den Befehl „Stehen bleiben“, aber einige der Juden hörten den Befehl nicht und liefen weiter. Daraufhin eröffneten die Deutschen das Feuer und töteten fünf oder sechs Juden. An demselben Jom Kippur legten die Deutschen an den zwei großen Synagogen Feuer. Die Flammen griffen auch auf einige Privathäuser über. Die Juden warfen ihre Habseligkeiten hinaus, über die sich vor den Häusern der polnische Mob hermachte. An den Brandstiftungen beteiligten sich vor allem SS-Leute. Die Juden versuchten, die brennenden Häuser zu retten. Später holten die Deutschen aus einem Haus alle sich dort aufhaltenden Männer, 26 an der Zahl, und zwangen sie, Aussagen zu unterschreiben, dass sie die Gebäude in Brand gesteckt hätten. Anschließend informierten die Deutschen die Gefangenen, dass man gegen sie die Todesstrafe wegen Brandstiftung verhängen werde und sie nur durch die Zahlung eines Lösegelds in Höhe von 250 000 Złoty gerettet werden könnten. Die jüdische Bevölkerung von Włocławek brachte die geforderte Summe auf, woraufhin man die Gefangenen freiließ. Dann führten die Deutschen eine Razzia in den Häusern durch. Sie nahmen etwa 350 Juden mit und brachten einen Teil von ihnen in die Kaserne, einige andere in die Fabrik von Mühsam. Von dort wurden sie täglich abgeholt und zur Arbeit gebracht, doch man gab ihnen kein Essen – nur ihre Familien durften sie mit Nahrung versorgen. Nach mühsamen Verhandlungen wurde den Gefangenen gestattet, mit einer besonderen Ausgangsgenehmigung ab und zu für kurze Zeit nach Hause zu gehen, um sich zu waschen, ihre Kleidung zu wechseln, zu essen und dergleichen. Obwohl die Deutschen bereits 350 Gefangene zu regelmäßigen Arbeitsdiensten verpflichtet hatten, hörten die Verschleppungen von Juden, die man auf den Straßen aufgriff und zur Arbeit zwang, keineswegs auf. Dann gab es den jüdischen Rat (Judenrat), der anstelle der vorherigen Gemeindeverwaltung eingesetzt worden war und dessen Tätigkeit sich darauf beschränkte, die deutsche Verwaltung auf dem Laufenden zu halten. Gemäß den Forderungen der Deutschen stellte er diesen täglich eine bestimmte Anzahl jüdischer Arbeiter zur Verfügung. Diejenigen, die man aufgegriffen und verschleppt hatte, wurden von den Deutschen gnadenlos geschlagen und misshandelt. Wie diese mit den Juden während der Arbeitszeit umgingen, verdeutlicht ein Vorfall: Einer dieser Juden, Jacob Heiman, 52 Jahre alt und zu schwach für körperliche Arbeit, wurde während des Dienstes geschlagen. Die Aufseher stießen zudem mit einem Dolch auf ihn ein. Wenige Tage nach seiner Rückkehr nach Hause erlag er seinen Verletzungen. Im Oktober befahlen die Deutschen den Juden, einen gelben Flicken auf der Rückseite ihrer Kleidung anzubringen, und sie durften nicht mehr auf dem Bürgersteig, sondern nur noch in der Mitte der Straße gehen. Kurz nachdem sie das Lösegeld in Höhe von 250 000 Złoty für die angeblichen Brandstifter von den Juden kassiert hatten, belegten die Deutschen jeden angeblichen Verstoß gegen das Verbot, den Bürgersteig zu benutzen, mit einer neuen Strafe von 500 000 Złoty. Außerdem mussten die Schulen schließen.

Wenige Tage nach ihrem Einmarsch in die Stadt schlossen und beschlagnahmten die Deutschen die Fabriken und Geschäfte der Juden. Man verpflichtete sie, ihren gesamten Besitz aufzulisten, Juden war es nicht erlaubt, mehr als 200 Złoty (in Warschau – 2000 Złoty) im Haus zu haben. Misshandlungen von Juden häuften sich.

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